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Insolvenzverwaltervergütung: Überprüfung des Erhöhung der Regelvergütung und der Auslagenpauschale

Landgericht Hannover

Geschäfts-Nr.:

11 T 28/10

908 IN 854/01 -5- Amtsgericht Hannover

Hannover, 05.08.2010

Beschluss

In der Insolvenzsache

über das Vermögen der F. KG

Schuldnerin

Insolvenzverwalter Rechtsanwalt W.,

Beschwerdeführer

hat die 11. Zivilkammer des Landgerichts Hannover am 05.08.2010 durch … beschlossen:

Die Sache wird auf die Kammer übertragen.

Die sofortige Beschwerde des Beschwerdeführers vom 26.05.2010 gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hannover vom 04.05.2010 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Der Beschwerdewert beträgt 4.258,28 EUR.

Gründe:

I.

Mit Beschluss des Amtsgerichts Hannover -Insolvenzgericht- vom 21.01.2002 wurde das Insolvenzverfahren über die Schuldnerin eröffnet (Bl. 58 d.A.). Zum Insolvenz-verwalter wurde der Beschwerdeführer bestellt. Durch Beschluss vom 14.12.2001 (Bl. 25 d.A.) war der Beschwerdeführer bereits zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellt worden.

Mit Schriftsatz vom 22.02.2010 erstattete der Beschwerdeführer seinen Schlussbericht. Mit Schriftsatz vom selben Tag beantragte er die Festsetzung seiner Vergütung. Insbesondere machte der Beschwerdeführer dabei eine Erhöhung der Grundvergütung in einem Umfang von insgesamt 50% sowie Auslagen für 6 Jahre geltend. Zu den Einzelheiten der vom Beschwerdeführer vorgenommenen Berechnung wird auf dessen Schriftsatz (Bl. 206ff. d.A.) Bezug genommen.

Durch Beschluss vom 04.05.2010, zugestellt am 26.05.2010 (Bl. 272 d.A.), setzte das Amtsgericht die Vergütung des Beschwerdeführers auf 16.206,01 € fest (Bl. 268f. d.A.). Dabei ging das Amtsgericht von einer Erhöhung der Regelvergütung von nur 10% aus. Zudem bewilligte es eine Auslagenpauschale lediglich für 3 Jahre. Hinsichtlich der Begründung des Amtsgerichts wird auf den Beschluss verwiesen.

Gegen diesen Beschluss hat der Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 26.05.2010, eingegangen beim Amtsgericht am 27.05.2010, das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde eingelegt und eine Vergütung in Höhe von 20.464,29 € geltend gemacht. Zur Begründung führt der Beschwerdeführer insbesondere aus, dass eine Erhöhung der Regelvergütung zumindest in einem Umfang von 30% vorzunehmen sei. Zudem sei die Auslagenpauschale zumindest für 5 Jahre zu zahlen. Hinsichtlich der Einzelheiten des Beschwerdevorbringens wird auf den Beschwerdeschriftsatz (Bl. 278ff. d.A.) sowie die weiteren Schriftsätze des Beschwerdeführers vom 01.07.2010 (Bl. 291f. d.A.) und vom 13.07.2010 (Bl. 293ff. d.A.) verwiesen.

Mit Beschluss vom 14.06.2010 (Bl. 287 d.A.) hat das Amtsgericht der sofortigen Beschwerde nicht abgeholfen.

II.

Gemäß § 568 ZPO war die Sache auf die Kammer zu übertragen.

Die sofortige Beschwerde ist gem. § 64 Abs. 3 InsO zulässig, hat jedoch - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - in der Sache keinen Erfolg. Die Fest-setzung der Vergütung des Beschwerdeführers, wie sie das Amtsgericht vorgenommen hat, ist nicht zu beanstanden. Das Amtsgericht hat zu Recht die Regelvergütung lediglich um 10% erhöht und die Auslagenpauschale nur für 3 Jahre gewährt.

1.

Das Vorbringen des Beschwerdeführers in dem Schriftsatz vom 26.05.2010, mit dem das Rechtsmittel eingelegt worden ist, ist zunächst dahin auszulegen, dass der Be-schluss des Amtsgerichts nur insoweit angefochten wird, als die Regelvergütung nicht um 30%, sondern lediglich um 10% erhöht wurde, und die Auslagenpauschale nicht für 5 Jahre, sondern nur für 3 Jahre gewährt wurde. Zwar hatte der Beschwerdeführer in seinem Vergütungsantrag noch eine Erhöhung um 50% und Auslagen für 6 Jahre begehrt. Jedoch erklärt er in dem Beschwerdeschriftsatz (dort S. 2, Bl. 279 d.A.), dass nunmehr die genannten geringeren Sätze geltend gemacht werden.

2.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers ist die Erhöhung der Regelvergütung lediglich in einem Umfang von 10% gerechtfertigt.

Dem Umfang und der Schwierigkeit der Geschäftsführung des Verwalters wird gemäß § 63 Abs. 1 S. 3 InsO durch Abweichungen vom Regelsatz Rechnung getragen. § 3 InsVV konkretisiert diese gesetzlichen Vorgaben. Die einzelnen Zu- und Abschlags-tatbestände haben nur beispielhaften Charakter. Darüber hinaus gibt es zahlreiche weitere Umstände, die für die Bemessung der Vergütung im Einzelfall Bedeutung gewinnen können. Maßgebend ist, ob die Bearbeitung den Insolvenzverwalter stärker oder schwächer als im entsprechenden Insolvenzverfahren allgemein üblich in Anspruch genommen hat, also der real gestiegene oder gefallene Arbeitsaufwand (BGH, ZInsO 2006, S. 642ff., m.w.N.). Dabei ist nicht zwingend jeder Abschlags- bzw. Zuschlagstatbestand einzeln zu bewerten. Vielmehr ist eine im Ergebnis angemessene Gesamtwürdigung maßgebend (BGH, aaO).

Ausgehend von diesen Grundsätzen, kann der Beschwerdeführer eine Erhöhung der Regelvergütung um insgesamt mehr als 10% nicht verlangen.

Die Zustellungsübertragung ist als Erhöhungsfaktor anerkannt (vgl. Haarmeyer/Wutzke /Förster, InsVV, § 3 Rn. 78).

Die Abwicklung der Arbeitsverhältnisse und die Bearbeitung von Insolvenzgeld recht-fertigen im vorliegenden Fall eine Erhöhung der Regelvergütung nicht. Zu Recht hat bereits das Amtsgericht in dem angefochtenen Beschluss darauf hingewiesen, dass die Abwicklung von bis zu 20 Arbeitsverhältnissen - hier bestanden 14 Arbeitsverhältnisse - nebst Bearbeitung von Insolvenzgeld zu den Aufgaben des Verwalters gehört und mit der Regelvergütung abgegolten ist (vgl. auch Haarmeyer/Wutzke/Förster, InsVV, § 3 Rn. 78).

Besondere Verwertungsprobleme, die zu einer Erhöhung der Regelvergütung führen, liegen jedenfalls nicht in dem Umfang vor, dass sie - für sich allein genommen - eine Erhöhung um 25% rechtfertigen, wie es der Beschwerdeführer begehrt. Soweit in der Beschwerdebegründung darauf abgestellt wird, dass ein ungeordnetes Belegwesen vorgefunden wurde, ist dies nicht nachvollziehbar. Weder finden sich Anhaltspunkte dafür in dem Schlussbericht, noch führt der Beschwerdeführer dies in der Beschwerdebegründung selbst weiter aus. Auch das Gutachten vom 18.01.2002, mit dem der Beschwerdeführer vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens beauftragt worden war, verhält sich dazu nicht (vgl. Bl. 38ff. d.A.). Vor diesem Hintergrund kommt eine Erhöhung insoweit nicht in Betracht. Der Umstand, dass der frühere Gesellschafter Haupt verstorben gewesen ist, vermag eine Erhöhung der Regelvergütung allenfalls in geringem Umfang begründen. Über ein übliches Maß hinaus musste der Beschwerdeführer Ermittlungen anstellen, insbesondere zur Frage der Erben des Verstorbenen, um gegebenenfalls Ansprüche geltend machen zu können. Allerdings ist aus den Akten ersichtlich, dass diese Tätigkeiten nicht sehr umfangreich waren. Bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens war dem Beschwerdeführer bekannt, dass der Gesellschafter Haupt verstorben war. Dies ergibt sich aus dem o. g. Gutachten, dort S. 3 (Bl. 40 d.A.). In der Folgezeit nahm der Beschwerdeführer Einsicht in die Nachlassakte, führte Ermittlungen zur Höhe des Nachlasses, stellte eine Anfrage an das Einwohnermeldeamt und schrieb den Erben des Herrn Haupt an. Weitere Tätigkeiten ergeben sich weder aus den Akten, noch werden sie von dem Beschwerdeführer konkret vorgetragen. Angesichts dessen rechtfertigt der Umstand, dass einer der Gesellschafter verstorben war, allenfalls eine geringe Erhöhung der Regelvergütung.

Nach alledem erachtet die Kammer bei der gebotenen Gesamtschau unter Abwägung der genannten Umstände die vom Amtsgericht vorgenommene Erhöhung der Regelvergütung um 10% für angemessen.

3.

Auch der Festsetzung der Auslagenpauschale nur für 3 Jahre entgegnen keine Bedenken.

Gem. § 8 Abs. 3 InsVV kann der Insolvenzverwalter statt seiner tatsächlichen Auslagen eine Pauschale geltend machen. Der Sinn der Pauschalierungsregelung besteht darin, dem Insolvenzverwalter und dem Gericht die aufwendige Vorlage und Prüfung von Einzelbelegen zu ersparen (BGH, ZInsO 2008, 854ff.). Der Auslagenpauschsatz kann nur gefordert werden für die Zeiten, in denen der Insolvenzverwalter insolvenzrechtlich notwendige Tätigkeiten erbracht hat (BGH, aaO m.w.N.). Keine zusätzliche Auslagenpauschale kann ein Verwalter allerdings dann verlangen, wenn er das Verfahren ohne sachlichen Grund verzögert hat; maßgebend ist dann derjenige Zeitpunkt, bis zu dem das Insolvenzverfahren bei angemessener, zügiger Bearbeitung durch den Verwalter abgeschlossen worden wäre (BGH, ZInsO 2006, 424ff. m.w.N.).

Ausgehend davon, ist vorliegend die Festsetzung der Auslagenpauschale lediglich für 3 Jahre nicht zu beanstanden. Aus den Akten, insbesondere den regelmäßigen Berichten des Beschwerdeführers und den Eintragungen im Kassenbuch, ergibt sich, dass nach dem Jahr 2003 kaum noch aktiv Tätigkeiten vom Beschwerdeführer vorgenommen wurden. Das Insolvenzverfahren hätte bei angemessener Bearbeitung zumindest Ende 2004/Anfang 2005 abgeschlossen werden können.

Daran ändert auch nichts, dass es weitere Tätigkeiten über den Zeitraum bis Januar 2005 hinaus gegeben hat. Diese beschränkten sich nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers in dem anschließenden Zeitraum bis zum Schlussbericht im Februar 2010 (5 Jahre!) im Wesentlichen auf einige wenige Schreiben, eine Akteneinsichtnahme beim Nachlassgericht, eine Einwohnermeldeamtsanfrage sowie eine Unterschriftsbeglaubigung. Nichts anderes ergibt sich aus den Akten, vielmehr belegen die regelmäßigen Berichte, dass der Beschwerdeführer bereits ab dem Jahr 2004 praktisch kaum noch tätig geworden ist. Soweit der Beschwerdeführer vorträgt, die Suche nach den Erben des verstorbenen Gesellschafters Haupt habe sich als schwierig gestaltet, vermag dies nicht zu überzeugen. Worin diese Schwierigkeiten bestanden haben sollen, legt der Beschwerdeführer nicht nachvollziehbar dar. Zudem war ihm, wie ausgeführt, bereits vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens der Umstand bekannt, dass ein Gesellschafter verstorben war (s.o.). Es wäre dem Beschwerdeführer ohne weiteres möglich gewesen, die Nachlassakte bereits im Jahr 2002 einzusehen. Dagegen ist der Beschwerdeführer nach mehreren letztlich wenig aussagekräftigen Zwischenberichten (vgl. Bl. 172, 174 und 176 d.A.) offenbar erst auf eine eindringliche Anfrage des Amtsgerichts vom 08.05.2006 hin (Bl. 178 d.A.) wieder aktiv geworden. Auch danach kann der Beschwerdeführer letztlich nur einige wenige Schreiben aus den Jahren 2007 und 2008 anführen, die eine Verwaltertätigkeit darstellen.

Zwar ist eine Dokumentation der einzelnen auslageträchtigen Tätigkeiten durch den Insolvenzverwalter entsprechend dem eingangs Gesagten nicht erforderlich, da die Pauschale gerade dies ersparen soll. Allerdings hat es vorliegend auch nach dem eigenen Vorbringen des Beschwerdeführers offenkundig zumindest ab 2005 kaum noch Aktivitäten gegeben. Diese Zeitspanne geringsten Aufwands vermag nach alledem einen Anspruch auf die Auslagenpauschale nicht zu begründen.

4.

Im Übrigen ist die Berechnung des Amtsgerichts nicht zu beanstanden, da es von zutreffenden Beträgen ausgeht und die Berechnung in sich korrekt ist.

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 4 InsO, 97 ZPO. Der Gegenstandswert bemisst sich nach der Differenz zwischen beantragter Vergütung, wie sie der Beschwerdeführer in seiner Beschwerdeschrift darlegt, und der vom Amtsgericht festgesetzten Vergütung.

… … …

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