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Kein Schmerzensgeld für nicht mit Angeklagtem abgestimmte Verteidigererklärung

Landgericht Hannover

Geschäfts-Nr.:

20 O 22/08

Verkündet am: 27.10.2008

, Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle

Urteil

Im Namen des Volkes!

In dem Rechtsstreit

des Herrn

Kläger

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt

gegen

Herrn

Beklagter

Prozessbevollmächtigte: Hannover,

hat die 20. Zivilkammer des Landgerichts Hannover auf die mündliche Verhandlung vom durch

den Vorsitzenden Richter am Landgericht

die Richterin am Landgericht und

die Richterin am Landgericht

für R e c h t erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und öffentliche Richtigstellung wegen Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts im Rahmen einer Strafverteidigung.

Der Kläger beauftragte den Beklagten im Februar 2000, die anwaltliche Vertretung in drei Ermittlungsverfahren zu übernehmen. Die Ermittlungsverfahren betrafen folgende Vorfälle:

1. Dem Kläger wurde vorgeworfen, am 26. August 1999 in Salzburg eine Körperverletzung und Beleidigung zum Nachteil von Frau B. begangen zu haben (Staatsanwaltschaft Hannover, Az. 850 Js 70398/99). Das Amtsgericht Springe erließ insoweit am 10. Mai 2001 einen Strafbefehl gegen den Kläger über 800.000,00 DM.

2. Aufgrund einer Anzeige des Herrn Josef B. vom 31. 1. 2000 wurde gegen den Kläger am 2. 7. 2000 ein Strafbefehl des Amtsgerichts Springe über 1.200.000,- DM wegen einer am 14. 1. 2000 begangenen vorsätzlicher Körperverletzung, Beleidigung und Bedrohung zum Nachteil des Herrn Josef B. in Shella/Lamu, Kenia erlassen (Staatsanwaltschaft Hannover, Az. 850 Js 2969/00).

3. Am 7. Juni 2001 erließ das Amtsgericht Springe einen weiteren Strafbefehl gegen den Kläger über eine Geldstrafe von 1.000.000,- DM wegen Beleidigungen gegen Frau B. und Herrn Dr. M. von der Bildzeitung (Staatsanwaltschaft Hannover, Az. 601 Js 41299/00).

Der Beklagte legte gegen die drei Strafbefehle Einspruch ein. Die Verfahren wurden zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung verbunden. Die Hauptverhandlung fand am 6. 12. 2001 vor dem Amtsgericht Springe statt. In der Hauptverhandlung fand eine umfangreiche Beweisaufnahme statt. Der Beklagte bestritt als Verteidiger des Klägers einen Angriff gegen Herrn B. . Im Laufe der Verhandlung wurde eine Erklärung des Klägers aus einem Zivilprozess vor dem Landgericht Frankfurt verlesen, in der es u. a. heißt: "Vor diesem Hintergrund ging ich am Abend des 14. 1. 2000 auf B. zu, stellte mich vor und schlug ihm einmal links und einmal rechts ins Gesicht, um symbolisch zum Ausdruck zu bringen, dass er in Shella nicht erwünscht ist."

Mit Urteil des Amtsgerichts Springe vom 6. 12. 2001 (Anlage B 2, Bl. 107 d.A.) wurde der Kläger wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung zum Nachteil Sabine B. wegen Körperverletzung zum Nachteil B. wegen Beleidigung in vier Fällen, davon in drei Fällen zum Nachteil Ann-Kathrin B. und in einem Fall zum Nachteil Dr. M. zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Monaten mit Strafaussetzung zur Bewährung verurteilt. Gleichzeitig wurde ihm aufgegeben, einen Geldbetrag von 500.000 DM zu zahlen. Das Amtsgericht Springe bewertete die zwei Ohrfeigen gegenüber Herrn B. als einfache Körperverletzung. Der Fußtritt in das Gesäß des geschädigten Frau B. wurde hingegen als gefährliche Körperverletzung qualifiziert, da es sich dabei um einen hinterlistigen Überfall gehandelt habe.

Gegen dieses Urteil legte der Beklagte Revision ein. Die Staatsanwaltschaft und der Nebenkläger B. legten Berufung ein.

Ziel der Verteidigung durch den Beklagten war es, die zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe zu beseitigen, um die Gefahr zu vermeiden, dass der Kläger bei einem weiteren Vorfall die Freiheitsstrafe antreten müsse.

Bevor es zur Hauptverhandlung vor dem Berufungsgericht kam, nahmen die Geschädigten B., B. und Dr. M. ihre Strafanzeigen zurück. Hinsichtlich des Vorwurfs der Körperverletzung zum Nachteil von Frau B bejahte die Staatsanwaltschaft jedoch ein besonderes öffentliches Interesse an der Strafverfolgung. Außerdem vertrat die Staatsanwaltschaft die Ansicht, dass der beschuhte Fuß des Klägers, mit dem er Frau B. in ihr Gesäß getreten haben soll, als gefährliches Werkzeug gewertet werden könne. Auch hinsichtlich des Vorfalls mit Herrn B. sei von einer gefährlichen Körperverletzung auszugehen, weil der Kläger mehrere schwarze Männer in Gefolgschaft gehabt habe, die eine Drohkulisse gebildet hätten. Das zwischenzeitlich seitens der Staatsanwaltschaft eingeholte Gutachten des Prof. Dr. T. (Anlage B 10, Bl. 167 ff. d.A.) lasse auf einen zusätzlichen Gegenstand schließen, der bei der Zufügung der Verletzungen benutzt worden sei. Von einer Freiheitsstrafe könne nur abgerückt werden, wenn eine verminderte Schuldfähigkeit im Sinne des § 21 StGB nicht ausgeschlossen werden könne, da dann der gesetzliche Strafrahmen für eine gefährliche Körperverletzung nach § 224 StGB über §§ 47 Abs. 2, 49 StGB gemindert werden könne. Zur Vorbereitung der Berufungshauptverhandlung, die am 25. 11. 2004 vor der kleinen Strafkammer des Landgerichts Hannover stattfand, führte der Beklagte mehrere Gespräche mit dem Oberstaatsanwalt Dr. Gundlach. Anlässlich eines persönlichen Gesprächs des Beklagten mit Herrn Oberstaatsanwalt Dr. G. vom 23. 11. 2004 über die Möglichkeit, eine Freiheitsstrafe zu vermeiden, unterzeichnete der Beklagte eine Erklärung, in der es u. A. heißt:

"In dem Strafverfahren gegen wegen gef. Körperverletzung u.a. gebe ich als Vertreter des Angeklagten folgende Erklärung ab:

Am 14. Januar 2000 ist mein Mandant mit mehreren Personen auf Herrn

B. zugestürmt. Er war auf ihn zornig und hatte erheblich getrunken. In dieser Situation hat er Herrn B. nach seiner Erinnerung zwei Ohrfeigen versetzt. Aufgrund seiner alkoholisiert gesteigerten Erregung kann mein Mandant nicht ausschließen, Herrn B. Verletzungen zugefügt zu haben. Er kann auch nicht ausschließen, dass ihn zuvor einer seiner Begleiter einen Gegenstand in die Hand gedrückt hatte. Mein Mandant bedauert den Vorfall."

Im Gegenzug erklärte sich Oberstaatsanwalt Dr. G. bereit, die Einstellung des Verfahrens bezüglich des Vorfalls mit Frau B. in Salzburg nach § 154 Abs. 2 StPO zu beantragen, im Übrigen solle eine Geldstrafe verhängt werden.

Am 24. 11. 2004, einen Tag vor der Berufungsverhandlung, fand eine Besprechung der Parteien mit Herrn Rechtsanwalt Dr. B., dem Berater des Klägers und weiteren Personen statt. Der Beklagte berichtete von Gesprächen mit dem Vorsitzenden der Strafkammer und der Staatsanwaltschaft in seinem Bemühen, auf jeden Fall eine Freiheitsstrafe zu vermeiden und die Geldstrafe herabgesetzt zu bekommen. Die bei der Staatsanwaltschaft unterzeichnete Erklärung wurde dabei seitens des Beklagten nicht erwähnt. Für den Inhalt des Gesprächs wird auf die eidesstattliche Versicherung des Rechtsanwalts Dr. B. (Anlage B 14, Bl. 180 ff. d.A.) Bezug genommen.

In der Hauptverhandlung am 25. 11. 2004, dessen genauer Ablauf streitig ist, beantragte die Staatsanwaltschaft die Einstellung des Verfahrens zum Nachteil der geschädigten Frau B. nach § 154 Abs. 2 StPO. Dem Antrag wurde stattgegeben. Das Landgericht verurteilte den Kläger sodann entsprechend dem Antrag der Staatsanwaltschaft wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Geldstrafe von 178 Tagessätzen. Der Tagessatz wurde auf 2.500 € festgesetzt. In dem Urteil des Landgerichts Hannover (Anlage B 17, Bl. 195 ff. d. A.) heißt es unter Ziffer V: Der Angeklagte hat den Sachverhalt durch Erklärung seines Verteidigers zunächst teilweise eingeräumt und dazu folgende Erklärung abgeben lassen (es folgt der Wortlaut der hier streitgegenständlichen Erklärung). Nach der Urteilsverkündung berichteten zahlreiche Zeitungen im In- und Ausland über den Ausgang der Berufungsverhandlung mit der Grundaussage, der Kläger habe die Schläge gegen Herrn B. eingeräumt. Auf den Inhalt der zur Gerichtsakte gereichten Zeitungsartikel wird Bezug genommen.

Gegen das Urteil legte der Beklagte für den Kläger Revision ein. Sodann übernahm der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers dessen Vertretung und Verteidigung. In einem Schreiben des Beklagten vom 10. 2. 2005 an den jetzigen Prozessbevollmächtigten des Klägers (Anlage B 18, Bl. 218 ff. d. A.) heißt es u. a.:

"Mein Hintergedanke war (und ist weiter): Wäre die Prozedur zum Fall B. Salzburg, nicht mittels § 154 Abs. 2 StPO ausgeschieden worden, hätte der Schuldspruch zu dieser Sache so fest gestanden wie das Amen in der Kirche (....) Frau B. war als Zeugin in der erstinstanzlichen Hauptverhandlung exzellent. Auf diese Auseinandersetzung durfte ich es also nicht länger ankommen lassen und musste in der besagten Zwickmühle erst einmal wohl oder übel im Fall B. den Schuldspruch nach § 224 StGB mit der dazu besprochenen Geldstrafe einräumen. Im Fall B. , Kenia, gibt es nämlich eine Fülle weiteren Beweismaterials, das sich in einem Wiederaufnahmeverfahren zugunsten des Mandanten mit dem Ziel verwerten läßt, später doch noch zu einem Schuldspruch wegen einfacher Körperverletzung zu kommen."

Der jetzige Prozessbevollmächtigte des Klägers nahm die Revsion gegen das Urteil des Landgerichts Hannover zurück und leitete ein Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Hildesheim ein.

Der Kläger behauptet,

der Beklagte habe die auf den 23. 11. 2004 datierte Erklärung zusammen mit Oberstaatsanwalt Dr. G. verfasst. Der Beklagte habe die Erklärung in der Hauptverhandlung vor der Berufungsstrafkammer verlesen oder mündlich vorgetragen. Der Kläger habe damit bewirkt, dass im In- und Ausland der Eindruck entstanden sei, der Kläger habe Herrn B. mit einem Schlagring krankenhausreif geschlagen. Die Medien hätten korrekt über den Prozessverlauf berichtet. Aufgrund der wahrheitswidrigen Erklärung sei es zu einer schweren, irreversiblen Schädigung des Ansehens des Klägers in der nationalen und internationalen Öffentlichkeit gekommen. Das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers sei durch die strafrechtliche Verurteilung für eine Tat, die der Kläger nachhaltig bestritten und nicht begangen habe, verletzt. Die Berichterstattung habe eine völlig neue negative Qualität gehabt. Die fortdauernde Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei im Wege der öffentlichen Richtigstellung zu beseitigen.

Der Kläger hat zunächst mit dem Klageantrag zu 1) beantragt, den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von mindestens 250.000 € zu verurteilen. Der Kläger hat den Klageantrag zu 1) vor der mündlichen Verhandlung teilweise zurückgenommen.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger ein Schmerzensgeld von mindestens 5.000 € zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, öffentlich richtig zu stellen, dass die von ihm als angebliche Erklärung des Klägers in der Hauptverhandlung vom 25. November 2004 vorgetragenen Erklärungen – zitiert auf Seite 4 der Klageschrift vom 22. 11. 2007 – nicht von dem Kläger autorisiert war.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte behauptet,

die streitgegenständliche Erklärung sei von Oberstaatsanwalt Dr. G. verfasst worden. Er habe den Text unter der Prämisse unterzeichnet, dass die Urkunde keinen Eingang in die Hauptverhandlung finde und auch nicht in der Hauptverhandlung verlesen werde. Die Erklärung habe lediglich dazu dienen sollen, dem Vorsitzenden Richter der Berufungsstrafkammer die Gewissheit zu geben, dass sich der Beklagte an die Absprache mit Herrn Dr. G. halte. Dieser habe die Sache zuvor mit dem Vorsitzenden Richter besprochen. Er habe in der Berufungsverhandlung vor der kleinen Strafkammer lediglich eingeräumt, dass der Kläger Herrn B. zwei Ohrfeigen versetzt habe. Er habe nicht erklärt, der Kläger habe mit einem Gegenstand auf B. eingeschlagen und der Kläger sei alkoholisiert gewesen. Er habe lediglich auf die Frage des Oberstaatsanwalts, ob bei dem Vorfall Alkohol eine Rolle gespielt habe, sinngemäß geantwortet, der Angeklagte sei ein erwachsener Mann und kein Konfirmand, er vermute, dass Alkohol konsumiert worden sei. Auf die Frage des Oberstaatsanwalts, ob der Beklagte ausschließen könne, dass der Kläger bei seiner Attacke auf Herrn B. einen harten Gegenstand in der Hand gehabt habe, habe er sinngemäß geantwortet, dass er nichts ausschließen könne.

Es wäre auf jeden Fall zu einer Verurteilung des Klägers und einer entsprechenden Berichterstattung in der Presse gekommen. Der Beklagte sei für eine unzutreffende Darstellung der mündlichen Verhandlung vor der Berufungsstrafkammer nicht verantwortlich. Im Übrigen habe die Berichterstattung in den Medien zu einer Verbesserung des Ansehens geführt, weil der Kläger nicht mehr mit dem Makel einer Freiheitsstrafe behaftet gewesen sei. Das Ansehen des Klägers sei bereits vor der Berufungsverhandlung derart geschädigt gewesen, dass ein weiterer Ansehensverlust nicht habe eintreten können. Der Beklagte bezieht sich auf Presseberichte, für deren Inhalt auf die Anlagen B 19 ff. Bezug genommen wird.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist nicht begründet.

Ein Anspruch des Klägers auf Zahlung eines Schmerzensgeldes als Ausgleich für eine Verletzung seines Persönlichkeitsrechts nach § 823 Abs. 1 BGB i. V. m. Art. 1 Abs. 1 und Art 2 Abs. 1 GG besteht nicht. Ein derartiger Anspruch setzt voraus, dass eine schwerwiegende rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung vorliegt, die sich ohne Zahlung einer angemessenen Entschädigung nicht ausgleichen lässt. Die Einführung einer mit dem Kläger nicht abgestimmten geständnisgleichen Erklärung durch den Beklagten in das Strafverfahren und die darauf beruhende Berichterstattung in den Medien ist nach einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung nicht als ein derart schwerwiegender und schuldhafter Eingriff zu qualifizieren, der die Zubilligung eines Schmerzensgeldes erfordert.

Der Beklagte hat allerdings das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletzt. Er hat ohne Kenntnis des Klägers in dessen Namen bei der Staatsanwaltschaft eine Erklärung unterzeichnet, die über die bisher von dem Kläger eingeräumte Tatbeteiligung – zwei Ohrfeigen – hinausging. Der Kläger selbst hatte zu keinem Zeitpunkt gestanden, mit mehreren Personen auf Herrn B. zugestürmt zu sein und erheblich getrunken zu haben. Er hatte auch nicht erklärt, nicht ausschließen zu können, dass ihm zuvor einer seiner Begleiter einen Gegenstand in die Hand gedrückt habe. Die im Namen des Klägers von dem Beklagten unterzeichnete Erklärung war nicht mit dem Kläger abgestimmt, sie ist auch nicht nachträglich seitens des Klägers genehmigt worden. Die nicht ausdrücklich autorisierte Erklärung ist ohne Wissen des Klägers Gegenstand der Hauptverhandlung geworden. Es kann dabei dahingestellt bleiben, ob die Erklärung seitens des Beklagten oder seitens des Anklagevertreters verlesen worden ist. Ausweislich des Urteils des Landgerichts Hannover wurde die Erklärung in das Verfahren eingeführt und als Begründung für die Verurteilung mit angeführt. Durch die Einführung der Erklärung kam es zu einer von dem Beklagten mitveranlassten Berichterstattung durch die Presse, die auch auf die Erklärung Bezug nahm. Dadurch ist der Kläger in seiner Individualsphäre tangiert worden. Die Berichterstattung war für das Ansehen des Klägers in der Öffentlichkeit abträglich, da neben der bisher bereits erfolgten Berichterstattung weitere negative Tatsachen berichtet wurden.

Ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes kommt jedoch nur in Betracht, wenn die Verletzung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts rechtswidrig erfolgt ist und den Schädiger den Vorwurf einer schweren Schuld trifft bzw. es sich um eine objektiv erheblich ins Gewicht fallende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts handelt (BGHZ 35, 363 ff.).

Vorliegend ist bereits zweifelhaft, ob der Beklagte rechtswidrig gehandelt hat. Rechtswidrig ist grundsätzlich jede unmittelbare Verletzung der nach § 823 Abs. 1 BGB besonders geschützten Rechtsgüter, sofern ein Rechtfertigungsgrund nicht gegeben ist. Bei dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht handelt es sich um einen sog. offenen Tatbestand, bei dem die Rechtswidrigkeit nicht indiziert wird, sondern eine umfassende Güter- und Interessenabwägung erforderlich ist. Im Falle eines Verteidigungsmandats ist der Strafverteidiger berechtigt, zugunsten des Angeklagten eine andere Prozesstaktik zu verfolgen, als der Angeklagte es wünscht, wenn anderenfalls zu befürchten ist, dass der Angeklagte durch verfehltes Agieren Nachteile erfährt. Der Verteidiger kann im Rahmen dieser Prozesstaktik grundsätzlich unabhängig von dem Angeklagten und selbstständig neben ihm tätig werden (OLG Celle, Urt. v. 31. 5. 1988, NJW 1989, 992 f. m.w.N.). Bei Festlegung der Verteidigungsstrategie besteht mithin eine gewisse Entscheidungsfreiheit, die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist. Der Kläger hatte dem Beklagten vorliegend keine ausdrücklichen Weisungen erteilt. Der Beklagte musste aus der Bemerkung des Klägers im Vorgespräch vom 24. 11. 2004, er ginge lieber ins Gefängnis als eine Tat einzuräumen, die er nicht begangen habe, nicht schließen, dass der Kläger tatsächlich das Risiko der Verhängung einer Freiheitsstrafe auf sich nehmen wollte. Es bestand vielmehr Einigkeit zwischen dem Berater des Klägers, Herrn Rechtsanwalt Dr. B. und dem Beklagten, dass eine Gefängnisstrafe das Ansehen des Klägers als auch des Hauses Hannover schwerwiegend beeinträchtigen würde und wenn möglich zu vermeiden sei. Wenn möglich, sollte auch eine Zeugenbenennung und -vernehmung von Prinzessin vermieden werden (S. 4 der Erklärung Rechtsanwalt Dr. B. Bl. 183 d. A.). Grenzen der Strafverteidigung finden sich in den Pflichten des Rechtsanwalts als unabhängiges Organ der Rechtspflege. In dieser Beistandsfunktion darf sich der Verteidiger nur der prozessual- und standesrechtlich erlaubten Mittel bedienen (BGH Urt. v. 26. 11. 1998, Az. 4 StR 207/98). Vorliegend steht jedoch nicht fest, dass der Inhalt der Erklärung falsch war. Der genaue Tathergang der Auseinandersetzung zwischen dem Kläger und Herrn B. ist im Strafverfahren und im vorliegenden Verfahren streitig. Danach dürfte das prozesstaktische Vorgehen des Beklagten durch das Mandat gedeckt und nicht rechtswidrig gewesen sein.

Ein Schmerzensgeld war - unabhängig von der Frage der Rechtswidrigkeit - nicht zuzubilligen, weil den Beklagten weder ein besonders schweres Verschulden trifft, noch ein besonders schwerer Eingriff in das Persönlichkeitsrecht vorliegt. Nicht jede rechtswidrige Persönlichkeitsverletzung löst einen Schmerzensgeldanspruch aus. Im Einzelfall ist konkret zu prüfen, ob wegen der Schwere der Beeinträchtigung und des Verschuldens sowie im Hinblick auf Anlass und Beweggrund der Verletzung die Zubilligung einer Entschädigung unabweislich ist (BGH aaO; BGH Urt. v. 5. 3. 1974, Az. VI ZR 228/72, VersR 1974, 756 f.).

Der Beklagte hat nicht in einem besonders vorwerfbaren Maße gehandelt. Der Beklagte befand sich bei der Wahl seiner Verteidigungsstrategie insoweit in einer problematischen Lage, als die Staatsanwaltschaft mit ihrer Berufung nicht nur an dem Vorwurf einer gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil von Frau B. festhalten, sondern den Kläger auch in Hinblick auf den Vorfall in Kenia einer gefährlichen Körperverletzung überführen wollte und eine höhere Gesamtfreiheitsstrafe anstrebte. Der Beklagte stand demgegenüber vor der Aufgabe, vor allem die Verurteilung des Klägers zu einer Freiheitsstrafe zu vermeiden. Nach dem von der Staatsanwaltschaft eingeholten rechtsmedizinischen Gutachten des Sachverständigen Prof. T. stand jedoch eine Verurteilung des Klägers wegen einer weiteren gefährlichen Körperverletzung gemäß § 224 I Nr. 2 StGB im Raum, also eines Straftatbestandes, bei dem die Verhängung einer Geldstrafe vorbehaltlich der Regelung des § 47 II StGB nicht in Betracht kam. Dass sich der Beklagte unter diesen Umständen dafür entschied, mit Hilfe der streitgegenständlichen Erklärung und entsprechenden Zugeständnissen des Sitzungsvertreters der Staatsanwaltschaft einen aus seiner Sicht sicheren Weg einzuschlagen, um zumindest bei der Strafzumessung eine für seinen Mandanten günstige Lösung zu erreichen, ist dem Beklagten nicht in besonderem Maße vorzuwerfen. Auf diese Weise ist im Ergebnis eine Freiheitsstrafe vermieden werden. Auch die weitere Überlegung des Beklagten, ein Wiederaufnahmeverfahren anzustrengen, ist im Interesse des Klägers erreicht worden.

Durch die eingeführte und nicht ausdrücklich autorisierte Erklärung ist es auch nicht zu einer besonders schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts gekommen. Es ist davon auszugehen, dass auch ohne die umstrittene Erklärung ein erhebliches Interesse der Medien an dem Ablauf der Berufungsverhandlung bestanden hätte. Da der Kläger bereits zugegeben hatte, Herrn B. zwei Ohrfeigen versetzt zu haben, wäre eine für den Kläger nachteilige Berichterstattung nicht zu verhindern gewesen. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass die Staatsanwaltschaft ohne Abgabe der umstrittenen Erklärung keinen Antrag gestellt hätte, das Verfahren gegen den Kläger wegen des Verdachts der Körperverletzung zum Nachteil von Frau B. einzustellen. Aufgrund des Interesses der Medien an der Person des Klägers wäre voraussichtlich auch über den Hergang dieses Vorfalls in Salzburg nochmals im Einzelnen berichtet worden. Schließlich hat der Beklagte durch Vorlage weiterer Berichte und Zeitungsartikel über den Kläger aus der Zeit bis zur Berufungshauptverhandlung dargelegt, dass die Medien seit längerer Zeit über Verhaltensweisen des Klägers berichtet hatten, die für Aufsehen in der Öffentlichkeit gesorgt haben und die der Kläger selbst zu verantworten hatte. Danach wiegt die Persönlichkeitsrechtsverletzung im Vergleich zu den Auswirkungen, die ohne Abgabe der umstrittenen Erklärung eingetreten wären, nicht derart schwer, dass ein finanzieller Ausgleich geboten wäre.

Für eine als sittenwidrig einzuordnende Schädigung im Sinne des § 826 BGB bestehen keine Anhaltspunkte.

Der Klageantrag zu 2) ist unbegründet.

Dem Kläger steht kein Anspruch gegen den Beklagten auf öffentliche Richtigstellung zu, dass die von dem Beklagten als angebliche Erklärung des Klägers unterzeichnete Erklärung nicht von dem Kläger autorisiert war. Ein Anspruch auf Richtigstellung bzw. Berichtigung setzt voraus, dass unwahre, das allgemeine Persönlichkeitsrecht beeinträchtigende Tatsachenbehauptungen eine fortwirkende Störung des Verletzten darstellen (Palandt-Sprau, aaO., Einf. v § 823 Rdnr. 32). Es ist unstreitig, dass die Erklärung, die der Beklagte unterzeichnet und nach Behauptung des Klägers in der Hauptverhandlung vor der Strafkammer vorgetragen haben soll, nicht von dem Kläger autorisiert gewesen ist. Die störende Berichterstattung der Medien über die Berufungsverhandlung bezog sich im vorliegenden Fall jedoch vorrangig auf den Inhalt der Erklärung, nicht auf die Frage der Autorisation. Eine fortwirkende Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts ist durch diesen Aspekt nicht zu erkennen. Eine öffentliche Richtigstellung der fehlenden Autorisierung eignet sich nicht dazu, die Wirkungen der im Jahre 2004 erfolgten Berichterstattung zu beseitigen. Soweit der Kläger im Wiederaufnahmeverfahren vor dem Landgericht Hildesheim eine entsprechende Klarstellung des Beklagten benötigen sollte, ist die Form der öffentlichen Richtigstellung ebenfalls nicht erforderlich.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus §§ 91, 269 Abs. 3 ZPO abzuweisen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

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